30. Juni 2025

Jobwechsel mit über 40: Mut oder Wahnsinn?

In der heutigen Arbeitswelt sind lebenslange Anstellungen in einem Unternehmen immer seltener geworden. Was Heraklit von Ephesos bereits vor 2.500 Jahren sagte, trifft heute mehr denn je zu: „Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung.“ Diese Wahrheit prägt unseren Berufsalltag und macht berufliche Neuorientierungen zu einer realistischen und sinnvollen Option.

 

Ein Jobwechsel ist in jeder Lebensphase ein bedeutender Schritt. Doch wenn Menschen jenseits der 40 über einen beruflichen Neuanfang nachdenken, ernten sie nicht selten Stirnrunzeln und den Kommentar: „In deinem Alter noch?“ Die Frage, ob ein Jobwechsel mit über 40 mutig oder gar verrückt ist, stellt sich vielen und verdient eine differenzierte Betrachtung.

 

Die Realität: Warum Menschen über 40 über einen Jobwechsel nachdenken

 

In einer sich wandelnden Arbeitswelt, in der Flexibilität, Weiterentwicklung und Sinnstiftung zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist es kein Wunder, dass sich auch Menschen in der Lebensmitte neu orientieren wollen. Die Gründe für einen Jobwechsel mit über 40 sind vielfältig:

 

  • Burnout oder Unzufriedenheit: Viele haben Jahrzehnte in demselben Beruf oder Unternehmen gearbeitet und merken, dass die Motivation nachlässt. Der „innere Akku“ ist leer, und der Wunsch nach Veränderung wächst.


  • Neue Lebensumstände: Veränderte familiäre Verantwortung, Trennung, gesundheitliche Probleme oder der Wunsch nach mehr Work-Life-Balance führen dazu, dass der bisherige Job nicht mehr passt.


  • Karrierestillstand: In manchen Unternehmen stoßen Mitarbeitende mit über 40 an eine gläserne Decke. Ohne Aufstiegsperspektive kann ein Wechsel eine neue Dynamik bringen.


  • Wunsch nach Sinn: Gerade mit zunehmendem Alter spielt für viele der Sinn der Arbeit eine größere Rolle. Der Wunsch, etwas „zurückzugeben“ oder gesellschaftlich Relevantes zu tun, nimmt zu.

 

Vorteile eines Jobwechsels mit über 40

 

Entgegen vieler Vorurteile bringt ein beruflicher Neustart in der Lebensmitte zahlreiche Vorteile mit sich:

 

1.   Lebens- und Berufserfahrung


Mit über 40 verfügen Arbeitnehmer*innen über jahrzehntelange Erfahrung – nicht nur fachlich, sondern auch im Umgang mit Menschen, Konflikten, Stress und Veränderungen. Diese Soft Skills sind in vielen Branchen heute gefragter denn je.

 

2.   Klarere Vorstellungen


Während viele Berufseinsteiger*innen mit Anfang 20 noch auf der Suche nach ihrer Identität und Rolle im Berufsleben sind, wissen Menschen über 40 meist sehr genau, was sie wollen – und was nicht. Diese Klarheit kann helfen, gezielt einen Job zu finden, der wirklich passt.

 

3.   Stabiles Netzwerk


Über die Jahre hinweg haben sich viele ein belastbares berufliches und soziales Netzwerk aufgebaut, das beim Jobwechsel enorm hilfreich sein kann: sei es durch Empfehlungen, Kontakte zu potenziellen Arbeitgeber*innen oder einfach als moralische Unterstützung.

 

4.   Besseres Selbstmanagement


Im Vergleich zu jüngeren Kolleg*innen haben viele über 40 gelernt, ihre Kräfte besser einzuteilen, ihre Stärken gezielter einzusetzen und mit Herausforderungen gelassener umzugehen.

 

Die Herausforderungen – und wie man ihnen begegnet


Natürlich ist ein Jobwechsel in der Lebensmitte nicht ohne Hürden. Die folgenden Stolpersteine sollte man realistisch betrachten:

 

Altersdiskriminierung

 

Auch wenn Altersdiskriminierung im Recruiting in Österreich per Gesetz untersagt ist, ist sie trotzdem Realität, obwohl 800.000 Erwerbstätige bereits über 55 Jahre alt sind. Ein Viertel der Befragten einer Stepstone-Studie sagt, sie habe schon persönlich Erfahrungen mit Altersdiskriminierung gemacht. 44 % der befragten Recruiter bestätigen, dass sie schon mindestens einmal von Fachabteilungen angehalten wurden, nur Kandidat*innen aus einer bestimmten Altersgruppe zu berücksichtigen. Besonders alarmierend: 26 % der über 50-Jährigen wurden bei ihrer letzten Bewerbung explizit wegen ihres Alters abgelehnt. Diese Erfahrungen führen dazu, dass sich viele ältere Menschen selbst hemmen – rund 84 % der 50+-Jobsuchenden befürchten, als zu alt abgestempelt zu werden, und ziehen daher oft gar nicht erst in Betracht, sich zu bewerben. (Quelle: https://www.stepstone.at/e-recruiting/blog/altersdiskriminierung-in-oesterreich/)

 

In vielen Köpfen herrscht noch das Vorurteil, ältere Arbeitnehmer*innen seien vielleicht weniger belastbar, nicht technikaffin oder schwer integrierbar. Hier gilt es, selbstbewusst dagegenzuhalten – mit Fakten, Soft Skills und einem klaren Mehrwert für das Unternehmen. Wer über Jahrzehnte Berufserfahrung gesammelt hat, bringt meist mehr Gelassenheit, Ausdauer und Stressresistenz mit als so manche*r Berufseinsteiger*in.

 

Tipp: Im Bewerbungsgespräch nicht defensiv, sondern proaktiv auf das Thema eingehen: Warum ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel? Welche Vorteile bringt Ihre Lebenserfahrung?

 

Finanzielle Unsicherheit

 

Ein Branchenwechsel oder eine berufliche Neuorientierung bringt oft finanzielle Unsicherheiten mit sich. Gerade, wenn man sich aus einer gesicherten Position heraus auf Neues einlässt, besteht das Risiko eines Gehaltsverlusts: sei es durch Einstiegsgehälter in einer neuen Branche oder durch Phasen ohne festes Einkommen, etwa während einer Weiterbildung oder Jobsuche. Zudem können unvorhergesehene Ausgaben durch Umzüge, Fortbildungen oder neue Arbeitsmittel entstehen.

 

Deshalb ist eine sorgfältige finanzielle Planung essenziell. Ein finanzielles Polster kann helfen, Übergangsphasen zu überbrücken und den Druck zu mindern. Auch eine stufenweise Umstellung, bei der man zunächst nebenbei weiterqualifiziert oder in Teilzeit arbeitet, kann eine sinnvolle Strategie sein.

 

Tipp: Informieren Sie sich frühzeitig über staatliche Förderprogramme, Weiterbildungszuschüsse und Coaching-Angebote, die speziell für erfahrene Berufstätige oft verfügbar sind. Diese können finanzielle Belastungen abfedern und den Übergang erleichtern.

 

Lernkurve und Technologie

 

Heutzutage ändern sich Technologien und Arbeitsmethoden ständig. Wer mit über 40 einen Jobwechsel wagt, kann besonders im digitalen Bereich vor Herausforderungen stehen – etwa beim Thema KI, Erlernen neuer Software, Programmiersprachen oder digitaler Tools. Auch die Geschwindigkeit, mit der sich Branchen wandeln, erfordert kontinuierliche Anpassungsfähigkeit.

 

Doch Lernen ist keine Frage des Alters, sondern der Haltung. Eine offene, neugierige Einstellung und die Bereitschaft, sich regelmäßig weiterzubilden, sind entscheidend. Zudem profitieren erfahrene Fachkräfte oft von ihrer strukturierten Arbeitsweise und Problemlösungskompetenz, die den Lernprozess erleichtern.

 

Tipp: Wer sich regelmäßig weiterbildet und offen bleibt für Neues, wirkt nicht nur moderner, sondern bleibt auch wettbewerbsfähig. Nutzen Sie gezielte Weiterbildungsangebote – seien es Onlinekurse, Workshops oder Mentoring-Programme. Auch der Austausch mit jüngeren Kolleg*innen kann neue Impulse bringen und hilft, am Puls der Zeit zu bleiben.

 

Der psychologische Aspekt: Mut oder Wahnsinn?

 

Ein Jobwechsel mit über 40 ist zweifellos ein mutiger Schritt – aber ganz sicher kein Wahnsinn. Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern trotz Angst zu handeln. Ein Wechsel ist eine Chance, nicht nur beruflich, sondern auch persönlich zu wachsen.

 

  • Selbstwirksamkeit stärken

    Sich bewusst für eine Veränderung zu entscheiden, statt nur „auszuhalten“, stärkt das Selbstvertrauen und vermittelt das Gefühl, das eigene Leben aktiv zu gestalten.


  • Vorbildfunktion

    Verwandte, Freund*innen oder jüngere Kolleg*innen, die erleben, dass Veränderung auch mit 40+ möglich ist, werden selbst ermutigt, ihren Weg zu hinterfragen und mutige Entscheidungen zu treffen.

 

Neuorientierung mit Aumaier Business Coaching

 

Ein Jobwechsel muss nicht automatisch den Abschied von einem Unternehmen bedeuten. Gerade in größeren Organisationen oder Konzernen bieten sich vielfältige Möglichkeiten zur Weiterentwicklung – sei es in der Fach-, Projekt- oder Linienkarriere, in einem neuen Geschäftsfeld oder sogar im vertrauten Job mit veränderten Aufgaben und neuen Herausforderungen.

 

Wir bei Aumaier Business Coaching unterstützen Führungskräfte und Fachkräfte gezielt dabei, in solchen Umbruchsituationen Klarheit zu gewinnen: Wo stehe ich? Was treibt mich an? Welche Entwicklungsmöglichkeiten habe ich – in meiner aktuellen Position oder auch darüber hinaus?

 

Mit fundierten (Self)Assessments, Potenzialanalysen und individuellem Coaching helfen wir, persönliche Stärken sichtbar zu machen, Entwicklungsfelder zu erkennen und konkrete nächste Schritte zu planen. Unsere Arbeit schafft neue Perspektiven, stärkt Leadership- und Kommunikationskompetenzen und wirkt oft schon im bestehenden Jobumfeld belebend und nachhaltig.

 

Ziel ist nicht der schnelle Wechsel, sondern nachhaltige berufliche Orientierung: individuell, strategisch und wirksam.

 

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Fazit: Mehr Mut, weniger Zweifel


Ein Jobwechsel mit über 40 ist weder naiv noch unvernünftig – er ist Ausdruck von Selbstreflexion, Entwicklung und dem Wunsch nach einem erfüllten Arbeitsleben. Wer seine Stärken kennt, sich gut vorbereitet und offen für Neues ist, hat heute mehr Chancen denn je.

 

In einer Welt, in der Berufsbilder sich rasant verändern und lebenslanges Lernen zur Norm wird, sollte ein Neuanfang in der Lebensmitte nicht als Risiko, sondern als Chance betrachtet werden. Die Frage ist also nicht: „Bin ich zu alt für einen Jobwechsel?“, sondern vielmehr: „Was hindert mich daran, mein Potenzial zu entfalten?“

 

Wer mit 40+ den Mut zur Veränderung hat, beweist nicht nur Stärke, sondern oft auch das beste Timing des Lebens. Denn eines ist sicher: Wir haben nur dieses eine Leben. Warum also nicht das Beste daraus machen?

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